Wahl mit 16? Jugend gespalten

Die Zwölftklässler des Sozialwissenschaftskurses der Gesamtschule hatten viele Fragen an den SPD-Landtagsabgeordneten Hartmut Ganzke. Dabei zeigten sie sich ausgesprochen interessiert am politischen Geschehen. Foto: Drawe
Die Zwölftklässler des Sozialwissenschaftskurses der Gesamtschule hatten viele Fragen an den SPD-Landtagsabgeordneten Hartmut Ganzke. Dabei zeigten sie sich ausgesprochen interessiert am politischen Geschehen. Foto: Drawe

Differenziertes Meinungsbild im Klassenzimmer. Beim Besuch des Abgeordneten Hartmut Ganzke in der Gesamtschule beziehen die Zwölftklässler besonders bei der Frage ums Wahlrecht mit 16 Jahren bei Landtagswahlen eindeutig Stellung.

Allen voran Nick: „Ich bin wirklich nicht auf den Kopf gefallen. Ich habe mir die Wahlprogramme aller Parteien angesehen. Verstanden habe ich nicht eines.“ Seine Forderung: „Wenn Wahlrecht mit 16, dann eine Verpflichtung für Parteien, die Programmes so zu formulieren, dass ich nicht Duden, Deutsch- und Philosophielehrer fragen muss, um sie zu verstehen.“ Und dann müssten auch Politiker vermehrt in die Schulen kommen, damit sich Jugendliche eine Meinung bilden könnten und nicht einfach das wählen, was der Freund oder die Clique vorschlägt. „Ich habe am Ende CDU gewählt, die standen ganz oben auf dem Wahlzettel.“

Eine andere Schülerin sieht ein Wahlrecht mit 16 durchaus als sinnvoll an. „Eigenverantwortung ist ein Ansporn, sich mehr mit Politik zu befassen“, sagte sie. Der Zwölftklässler vier Plätze weiter hat Zweifel: „Da ist man gerade in der Pubertät, dreht voll am Rad – da soll man auch noch wählen gehen?“

Am Ende überwiegen die Zweifel, ob 16-Jährige schon ausreichend gefestigt und gut genug informiert sind, um sich für die Wahl einer Partei zu entscheiden. Was aber deutlich wird: Die Jugendlichen wollen sich informieren. Nick fragt zum Beispiel, ob die AfD eine Bedrohung für die deutsche Politik ist und ob man sie ignorieren sollte. Ganzke betont, dass man sich unbedingt auseinandersetzen muss und dekliniert die Arten der AfD-Anhänger durch. „Protestwähler, Menschen, die Angst haben“, nennt er. „Der Rest ist der braune Sumpf, der ein anderes Staatenbild haben möchte“, so Ganzke.

Großen Raum in der Diskussion, bei der sich der Landtagsabgeordnete sehr offen zeigt, ist die Flüchtlingsproblematik. Nach dem Umgang mit straffälligen Flüchtlingen fragt ein Schüler. Und erhält ausgiebig Antwort von dem Abgeordneten, der „im richtigen Leben“ Anwalt ist. Als solcher liefert er zunächst auch eine typische Juristen-Antwort: „Es kommt darauf an.“ Wortreich führt er dann aber aus, dass ein Flüchtling, der bei einem Unfall fahrlässig jemanden verletzt, nicht gleich behandelt werden könne wie jemand, der serienweise kriminelle Handlungen begeht. Deshalb sei es wichtig, dass jeder Einzelfall angesehen werde.

Die Schüler erfahren auch, dass es seit dem Flüchtlingszustrom nicht zur Erhöhung der Kriminalitätsrate gekommen ist. „Was mich aber ankotzt, ist, dass die Zahlen der Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte sich eher verhundertfacht haben“, so Ganzke. Und fügt hinzu: „Jede Unterkunft wird durch einen Sicherheitsdienst bewacht. Ja, wo sind wir denn?“

Die Schüler haben viele Fragen. Nach der Silvesternacht in Köln, ob die Presse auch mal nervt, wie der Tag eines Abgeordneten aussieht? Lehrerin Nancy Meyer muss die Diskussion irgendwann abbrechen. Die zwei Unterrichtsstunden sind so schnell wie sonst selten vorbei. Hartmut Ganzke lädt die Schüler aber ein, ihn in Düsseldorf zu besuchen.

Anke Jacobi
(HA, vom 01.06.2016)

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