Gesamtschule wird junges Europaparlament

Die Gesamtschule Fröndenberg hat sich zwei Tage lang in ein europäisches Jugendparlament verwandelt. Nicht weniger als 90 Schüler nahmen daran teil.Foto: Jürgen Overkott
Die Gesamtschule Fröndenberg hat sich zwei Tage lang in ein europäisches Jugendparlament verwandelt. Nicht weniger als 90 Schüler nahmen daran teil.Foto: Jürgen Overkott

Griechen-Krise, Flüchtlinge – jetzt erst recht, hat sich die Gesamtschule Fröndenberg gesagt – und die Penne in ein junges Europaparlament verwandelt.

Klaus de Vries ist ein listiger Fuchs. Europa hat – Griechen-Krise hin, Flüchtlingsproblem her – derzeit in weiten Teilen der Bevölkerung einen nur mäßigen Ruf. Warum dann also in der Gesamtschule ein Jugendparlament zu Europafragen? „Genau deswegen“, entgegnet Schulleiter de Vries mit entwaffendem Lächeln. Zwei Tage lang haben sich insgesamt 90 Schüler in Europa-Parlamentarier verwandelt. Gestern präsentierten sie Ergebnisse.

Die Gesamtschule gegen 14 Uhr. Trotz oder vielleicht gerade wegen des Flüstertons, in dem sich Schülergruppen unterhalten, liegt eine Atmosphäre hochkonzentrierter Arbeit in der Luft. Kein Wunder: Sechs Ausschüsse gibt es; sie folgen realen EU-Vorbildern. Sie haben seit 9 Uhr morgens getagt, Fakten vorgetragen, Argumente abgewogen, Resolutionen verfasst.

„Dann muss man sich beschränken“
Am Nachmittag muss jeder Ausschuss seine Forderungen vortragen, Punkt für Punkt, Fragen beantworten, Kritiker überzeugen. Und das nach einem strengen Regelwerk: Es gibt eine Rednerliste und, wichtiger noch, jeder Debatten-Teilnehmer muss sich an ein Zeitlimit halten.

Oberstuflerin Lena Gramsch (16) und Zehntklässlerin Charlyn Vorwerk (15) finden’s gut, wie sie in einer kurzen Pause bekennen: „Dann muss man sich beschränken.“

Lena interessiert sich ohnehin für Politik und Wirtschaft. Da kam ihr die Sonderveranstaltung der Schule gerade recht: „Es ist sehr interessant, dass wir das Europaparlament nachstellen dürfen. Vielleicht kann ich da später beruflich was mit machen.“

Erst die Analyse, dann die Lösungen
Charlyn hat am Projekt gereizt, „strukturiertes Diskutieren zu lernen“. Lena beschreibt, wie das funktioniert. „Erst haben wir Probleme aufgelistet, dann Lösungen diskutiert.“ Und zwar kontrovers.

Was wenig wundert: Immerhin beschäftigt sich der außenpolitische Ausschuss, in dem die beiden jungen Damen sitzen, mit nichts Geringerem als der „Festung Europa“, wie ein Papier der Gruppe festhält. Die Jung-Parlamentarier haben sich mit der Genfer Flüchtlingskonvention auseinandergesetzt. Ihr Bild der Lage ist vielschichtig. Krieg, Terror und Armut werden angesprochen, Ängste in der Bevölkerung, außenpolitische Probleme, innenpolitischer Populismus. Was tun?

Die Debatte bei den jungen Außenpolitikern wogt hin und her. Und dennoch hinterlässt sich bei Lena und Charlyn ein gutes Gefühl: „Jeder hat den anderen ausreden lassen.“ Am Ende steht ein Acht-Punkte-Plan.

Das Weg ist das Ziel
Ob er am Ende von der Vollversammlung in der ursprünglichen Fassung angenommen wird, ist nicht entscheidend. Der Weg, so scheint es, ist das Ziel.

Jedenfalls sieht es Schulleiter de Vries so. Er hat gern zugegriffen, als ihm der Verein „Europäisches Jugendparlament in Deutschland“ die Aktion anbot. De Vries: „Die Schüler haben eine ganz wichtige Erfahrung gemacht: Wie funktionieren demokratische Prozesse? Außerdem weckt die Veranstaltung Verständnis dafür, dass der europäische Einigunggsprozess eine riesige Herausforderung ist.“

Der Unterschied zum regulären Unterricht besteht darin: Lesen ist Silber, Machen ist Gold.

Jürgen Overkott

(Westfalenpost, vom 19.01.2016)

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Evaluationsausschnitte

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